Das war knapp!

Lenz macht schlappRustikaler TropfLegen der InfusionWo sind meine Mädels?Die Stuten folgen ihmWir haben 59 Pferde und ausgerechnet meinen Lenz erwischt es – der mit der großen Blesse in der Mitte nach dem Drama. Ich wünsche natürlich auch keinem anderen Pferd Derartiges, aber das Schicksal ist manchmal schon etwas wahllos, dann aber auch wieder gnädig. Es war reiner Zufall, dass ich mich an diesem wunderschönen Oktobermorgen für Lenz entschieden hatte und ihn zum Reiten aus seinem Kamp holen wollte, in dem er mit seinen derzeitigen Damen Cheyenne, Friendly und Tosca stand. Dass er auf der Seite lag, war noch nicht so ungewöhnlich. Stutzig machte mich, dass Tosca an ihm schnupperte wie sie schnuppern, wenn mit ihrem Kumpel irgendetwas nicht in Ordnung ist. Als ich näher kam, sprang Lenz blitzartig auf und keilte nach den Stuten aus. Völlig untypisch für ihn. Nach zehn Metern warf er sich wieder in den Sand und versuchte sich zu wälzen. Das war Alarmstufe eins. Kolik! Unwillig folgte er mir auf den Hof und versuchte, sich immer wieder hinzuwerfen. Klar war: Liegen ok aber auf keinen Fall drehen wegen der Gefahr der Darmverschlingung. Aber stoppe mal 450 kräftige Kilo. Unser Tierarzt Otto aus Omaruru war zwar telefonisch erreichbar aber nicht verfügbar. Mit Dr. Axel Hartmann gibt es in dem  165 Kilometer entfernten Otjiwarongo einen Pferdespezialisten mit einer bestens ausgestatteten Tierklinik. In seinem akuten Zustand war Lenz aber nicht transportfähig. Es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit, dass Axel zu uns auf die Farm mit seinem Pferdetrailer kam. Das hat Lenz wahrscheinlich das Leben gerettet. Nur die Zeit verging einfach nicht. Lenz lag mit schweren Krämpfen am Boden, stand immer wieder ruckartig auf, wir bewegten ihn dann, aber die Gase wollten einfach nicht abgehen und sein Bauch wurde zu einer riesigen Trommel. Etwas äpfeln schaffte gelegentlich ein bisschen Erleichterung.

Als Axel schließlich eintraf, spritzte er sofort ein schmerzstillendes und entspannendes Medikament und hing ihn auf sehr rustikale Weise an den Tropf. Lenz ging es zusehend besser. Er entspannte, die Gase gingen ab und der Bauch nahm wieder Normalform an. Eine Darmverschlingung, die unter diesen Bedingungen das Ende bedeutet hätte, konnte Axel zum Glück ausschließen. Ende gut alles gut? Das dachten wir zunächst und glaubten, Lenz zurück zu seinem Harem schicken zu können. Seit Beginn waren etwa sechs Stunden vergangen. Irgendeine Eingebung aber – Erfahrung, Gespür, sechster Sinn, wie immer man es nennen will – ließ Axel zögern, und er empfahl uns schließlich, Lenz doch sicherheitshalber mit in seine Klinik zu nehmen. Wie sich dann nachts um zehn herausstellte, hat ihm das wahrscheinlich das Leben gerettet. Denn er bekam noch einmal einen besonders heftigen Kolikanfall mit allen Begleiterscheinungen. Die vorher hilfreichen Medikamente wirkten plötzlich nicht mehr. Da erinnerte sich Axel an die Möglichkeiten der Akkupunktur. Drei Nadeln, wie er sagt, an den offensichtlich richtigen Stellen, und die Gase gingen ab. Die Symptome verschwanden und es ging unaufhaltsam bergauf. Axel ist kein Guru und Akkupunktur gehört nicht zu seinen üblichen Behandlungsmethoden, aber er sieht das so wie wir: Der Erfolg gibt der Behandlung Recht. Als Lenz dann noch in der Nacht seiner Lieblingsbeschäftigung nachging – Fressen! – war klar, dass er über den Berg ist. Das war in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Am Montag konnte ich ihn wieder gesund und munter abholen. Er konnte seine Rückkehr zu seinem Harem kaum erwarten. Entsprechend wurde er auch begrüßt. Das Sozialverhalten von Pferden beeindruckt mich immer wieder.

Was die Kolik hervorgerufen hat, konnten wir nicht herausfinden. Es kann eigentlich nur irgendeine Pflanze gewesen sein, die er nicht hätte fressen sollen. Aber welche? Um diese Jahreszeit ist die Weide trocken und ungefährlich. Ohnehin ist Kolik bei uns und unserer Art der natürlichen Pferdehaltung eigentlich ein Fremdwort. Die Ursache werden wir wohl nie herausfinden.

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