Dreister geht es eigentlich auch nicht mehr. Wir finden eine Schlinge im Grenzzaun, frisches Blut und frische Fußspuren, die direkt ins Lager von Straßenarbeitern führen, die seit Monaten an unserer Grenze campieren und schon oft unseren Verdacht hervorgerufen haben. Die Beute hängt fein säuberlich zerschnitten als zukünftiges Biltong am Lagerzaun. Und nicht nur dort.
Besonders raffiniert: Auf dem Klodach und schließlich auf allen anderen Dächern auch. Glücklicherweise ist es Gunnar als Reservepolizist gelungen, auch mal die hauptamtliche Polizei von Omaruru zu mobilisieren. Mobilisieren – im doppelten Sinne. Der erste Versuch ging schief, weil sie angeblich kein Fahrzeug zur Verfügung hatten. Eine übrigens oft benutze Ausrede, um nicht tätig werden zu müssen. Gunnar bot ihnen schließlich an, sie mit seinem Fahrzeug an den Tatort zu führen. Das Ergebnis war ein müder Sergeant, der sich von einem freiwilligen Reservepolizisten bereitwillig zeigen ließ, wie Polizeiarbeit geht.
Und plötzlich hatten wir auch Ergebnisse. Zwei Verdächtige in Untersuchungshaft – allerdings auch wieder nach einigen Tagen raus auf Kaution von N$ 2.000.- pro Kopf, was außergewöhnlich viel ist, und der Prozess steht jetzt aus. Vorausgesetzt die auf Kaution Freigelassenen sind bis dahin nicht verschwunden.Wahrscheinlicher ist, dass sie als Wiederholungstäter wieder geschnappt werden. Der dritte Verdächtige – der Boss der Straßenarbeiter – war angeblich nicht da, als er vorläufig festgenommen werden sollte. Mir begegnet er seitdem regelmäßig – sogar in der Stadt in der Nähe der Polizeistation.
Kaution ist zur Zeit das große Thema in Namibia. Die Gefängnisse sind überfüllt und Richter neigen u.a. deswegen dazu, Verdächtige gegen eine zum Teil lächerliche Kaution wieder auf freien Fuß zu setzen bis zur Gerichtsverhandlung, deren Termin irgendwann in weiter Ferne liegt. Gegen diese Praxis formiert sich öffentlicher Widerstand. Den letzten gab es in Omaruru, an dem auch wir uns beteiligt haben.
Der Anlass war eine Gerichtsverhandlung über den Kautionsantrag von Nashornwilderern. Bei Nashörnern und auch Elefanten ist die Öffentlichkeit mittlerweile besonders sensibel. Sicher zu Recht. Mir aber liegt daran, dass Wilderei grundsätzlich strenger bestraft wird. Der Schmerz eines Tieres in einer Schlinge ist nicht abhängig von seiner Größe oder Bedeutung. Die Entscheidung über den Kautionsantrag der Nashornwilderer ist übrigens vertagt worden. Das hat zumindest den einen Vorteil, dass die Verdächtigen in Untersuchungshaft bleiben. Als Wellnesshotels sind namibische Gefängnisse nicht bekannt. Allerdings auch nicht als ausbruchssicher.